Inzidenzschätzung für Diagnosejahr 2015 ausgesetzt
Das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) aktualisiert die Schätzung der Krebsinzidenz in Deutschland normalerweise jedes Jahr. Im Laufe des letzten Jahres (2018) haben wir die Daten aus den epidemiologischen Krebsregistern der Länder bis zum Diagnosejahr 2015 erhalten und für die Schätzung aufbereitet. Nach eingehender Analyse dieser Daten haben wir uns jedoch dafür entschieden, die Schätzung für das Diagnosejahr 2015 auszusetzen.
Wesentlicher Grund für diese Entscheidung ist ein substantieller Rückgang der gemeldeten Krebsfälle für das Diagnosejahr 2015 im Vergleich zu 2014. Im Durchschnitt über alle Krebsdiagnosen verzeichneten die Register in unserer Referenzregion (d.h. etablierte Register mit bisher sehr gutem Erfassungsgrad) einen Rückgang der Fallzahlen um etwa 4,5 Prozent.
Dieser Rückgang ist wahrscheinlich zum Teil Ausdruck echter Verringerungen der Erkrankungshäufigkeit – zum Beispiel beim Lungenkrebs bei Männern aufgrund des Rückgangs der Raucherprävalenz oder bei Darmkrebs aufgrund des Darmkrebs-Screenings. Bei anderen Diagnosen hingegen ist kein plausibler Grund ersichtlich – zum Beispiel bei Hirntumoren (Rückgang um 8,5 Prozent; siehe Abbildung 1) oder Leukämien (Rückgang um 10,2 Prozent). Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland wären bei diesen Diagnosen tendenziell steigende Fallzahlen zu erwarten.
Wir gehen daher davon aus, dass die derzeit vorliegenden Krebsregisterdaten eher auf Verzögerungen im Meldewesen oder in der Verarbeitung der Meldungen in den Registern als auf echte Rückgänge der Häufigkeit dieser Erkrankungen hindeuten.
Übergangsphase der klinischen Krebsregistrierung erfordert Umstellungen
Die Bundesländer schließen derzeit den Aufbau der bundesweit flächendeckenden klinischen Krebsregistrierung ab. Dies soll eine verbesserte und deutlich umfangreichere Datenbasis – vor allem zur Behandlung und zum Verlauf von Krebserkrankungen – schaffen. Langfristig soll dadurch auch eine schnellere Verfügbarkeit der Krebsregisterdaten erreicht werden. Die Aufbauphase ist allerdings sowohl für die meldenden Ärztinnen und Ärzte als auch für die Register selbst mit vielfältigen Umstellungen und Anpassungen verbunden. Es ist daher nachvollziehbar, dass es in dieser Phase in einigen Regionen zu Verzögerungen in der Erfassung von Krebsfällen gekommen ist.
Weiterentwicklung der Schätzmethode in Arbeit
Bei der Konzeption unserer Methode zur Schätzung der bundesweiten Krebsinzidenz haben wir darauf abgezielt, die in einigen Regionen noch bestehende Untererfassung von Krebsfällen auszugleichen. Es hat sich mit der letzten Datenübermittlung jedoch gezeigt, dass diese Methode nicht geeignet ist, die in einigen Regionen sehr deutlichen kurzfristigen Rückgänge in der Erfassung vollständig zu kompensieren. Die Anwendung der Methode auf die aktuellen Daten würde unserer Einschätzung nach deutlich zu niedrige geschätzte Fallzahlen und Erkrankungsraten liefern, und damit keine belastbaren Aussagen über das aktuelle epidemiologische Krebsgeschehen in Deutschland erlauben. Wir haben daher begonnen, unsere Methode weiterzuentwickeln und gezielter auf die aktuelle Datenlage abzustimmen.
Neue Inzidenzzahlen für Deutschland erscheinen im Jahr 2019
Bei allen Herausforderungen der Aufbauphase versprechen die Vorgaben für die klinische Krebsregistrierung langfristig wesentliche Verbesserungen der Datenlage zu Krebserkrankungen in Deutschland. In den nächsten Jahren werden immer mehr Daten, die nach diesen neuen Vorgaben erfasst wurden, auch für unsere bundesweiten epidemiologischen Auswertungen herangezogen werden. In diesem Jahr (2019) werden die Krebsregister der Länder ihre Daten bis zum Diagnosejahr 2016 an das Zentrum für Krebsregisterdaten übermitteln. Auf Basis dieser neuen Daten werden wir im Laufe des Jahres die geschätzte bundesweite Krebsinzidenz veröffentlichen, wie gewohnt in Form der interaktiven Datenbankabfrage und in der 12. Ausgabe von ‚Krebs in Deutschland‘.
Weiterführende Informationen
- Methoden der Inzidenzschätzung des ZfKD
- Epidemiologische und klinische Krebsregister - Was sind die Unterschiede? (ZfKD)
Stand: 23.01.2019