September 2017: Blut- und Lymphdrüsenkrebs
Zu den Krebserkrankungen der blutbildenden und lymphatischen Organe (Blut- und Lymphdrüsenkrebs) zählen Lymphome und Leukämien sowie weitere Erkrankungen wie das multiple Myelom und das myelodysplastische Syndrom. Obgleich jede dieser onkologischen Erkrankungen Blutzellen betrifft, sind sie hinsichtlich ihrer Symptome, Erkrankungshäufigkeiten und Behandlungsmöglichkeiten verschiedenartig.
Im Jahr 2013 erkrankten 17.700 Frauen und Mädchen sowie 21.580 Männer und Jungen in Deutschland neu an Blut- oder Lymphdrüsenkrebs. Im selben Jahr sind außerdem 8.576 Frauen und Mädchen sowie 10.255 Männer und Jungen daran verstorben. Im Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland (2016) zeigt Tabelle 2.7.t2 Schätzungen der aktuellen jährlichen Neuerkrankungszahlen für die unterschiedlichen Formen dieser Krebserkrankung.
Molekularbiologische und genetische Kenntnisse über Blut- und Lymphdrüsenkrebs führten in den letzten Jahren zu einer noch präziseren Diagnostik und auch zu einem Umdenken in der bisherigen Zuordnung dieser Erkrankungen. Daher sind in der Tabelle einige Erkrankungen eingeschlossen, die nach der gewöhnlichen Klassifikation von Erkrankungen zwar nicht als bösartig eingestuft werden, die aber einen fortschreitenden und lebensbedrohlichen Verlauf nehmen können.
Sinkende Sterblichkeit trotz steigender Inzidenz
Betrachtet man alle Leukämien und Lymphome sowie multiple Myelome zusammen, hat sich die Zahl dieser Neuerkrankungen (Inzidenz) über die letzten 40 Jahre in Deutschland mehr als verdoppelt (siehe Online-Abbildung 2.7.o1 im Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016). Aufgrund des insgesamt steigenden Alters der Bevölkerung ist dieser Anstieg zum Teil zu erwarten, da das Erkrankungsrisiko mit dem Alter generell zunimmt. Wenn man die Alterung der Bevölkerung durch die sogenannte Altersstandardisierung berücksichtigt, ist allerdings weiterhin die Zahl der Erkrankungen im Verhältnis zur Zahl der Einwohner gestiegen (Abbildung 1).
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten und Statistisches Bundesamt
Die altersstandardisierte Sterblichkeit an Blut- und Lymphdrüsenkrebs ist dagegen seit Anfang der 2000er Jahre in Deutschland gesunken (Abbildung 1). Dieser Rückgang wird sowohl bei den Leukämien als auch bei den Lymphomen und den multiplen Myelomen beobachtet. Hier spielen verbesserte Behandlungsmöglichkeiten wahrscheinlich eine Rolle. Beispielsweise stellen Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib für die Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (CML) seit der Zulassung Ende 2001 einen Meilenstein in den Behandlungsoptionen dar.
Leukämie ist die häufigste Krebsdiagnose bei Kindern
Das Deutsche Kinderkrebsregister erfasst seit 1980 bundesweit die Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Von den etwa 1.800 jährlichen onkologischen Neudiagnosen bei Kindern bis 15 Jahre sind gut ein Drittel Leukämien. Dieser Anteil ist bei Erwachsenen viel geringer, bei ihnen sind lediglich zwischen 2,5 Prozent und 3,0 Prozent aller Krebserkrankungen Leukämien. Bei Kindern verlaufen die Entwicklungen der Neuerkrankungen und Sterblichkeit bei Leukämien ähnlich wie bei Erwachsenen: die Anzahl der Neuerkrankungen im Verhältnis zur Zahl der Einwohner bleibt seit etwa 10 Jahren stabil, und die Sterbefälle bezogen auf die Anzahl der Einwohner sind rückläufig (Abbildung 2).
Quelle: Deutsches Kinderkrebsregister, Nationales Krebsregister der DDR (bis 1989), Statistisches Bundesamt (Mortalität)
Nur wenige Risikofaktoren bekannt
Einige Risikofaktoren für die Entstehung von Blut- oder Lymphdrüsenkrebs sind bekannt, jedoch finden sich diese insgesamt nur bei wenigen Patienten. Eine hohe Dosis ionisierender Strahlung, beispielsweise im Rahmen einer Strahlenbehandlung, erhöht das Risiko für viele Krebserkrankungen, unter anderem für Leukämien und manche Lymphome. Eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus kann ein sogenanntes Burkitt-Lymphom fördern, scheint aber nicht als alleiniger Faktor ausreichend für die Krebsentstehung zu sein. Benzol, ein Lösungsmittel, wird als krebsauslösend eingestuft, allerdings sollen gesetzliche Vorschriften den Kontakt mit dieser Chemikalie weitgehend einschränken.
Trotz der Wissenslücken hinsichtlich der Krankheitsentstehung gibt es heutzutage eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten bei Krebserkrankungen der blutbildenden und lymphatischen Organe. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch von der Krankheitsform, dem Fortschreiten der Erkrankung sowie vom Diagnosealter ab. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen verschiedene Arzneimittel und Immuntherapien, Bestrahlung und die Knochenmarktransplantation. Klinische Fortschritte haben insbesondere die Überlebensaussichten für Kinder mit Blut- und Lymphdrüsenkrebs verbessert.
Weitere Informationen
Lymphome, Seite des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums
Leukämien, Seite des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums
Das Deutsche Kinderkrebsregister, Universität Mainz
Der RKI-Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016
Stand: 01.09.2017