Juli 2017: Leberkrebs: schlechte Überlebensaussichten, steigende Betroffenen-Zahlen und regionale Unterschiede im Auftreten
Leberkrebs gehört zu den selteneren, jedoch häufig zum Tode führenden Tumorerkrankungen. Im Jahr 2013 entfielen insgesamt 1,2% aller bösartigen Krebsneuerkrankungen in Deutschland auf diese Diagnose, 2.630 Frauen und 6.160 Männer erkrankten daran. Von den Betroffenen werden voraussichtlich nur etwa 13 von 100 die ersten fünf Jahre nach Diagnose überleben. Somit hat Leberkrebs nach dem Bauchspeicheldrüsenkrebs und Mesotheliom die drittniedrigste Überlebensaussicht unter den onkologischen Erkrankungen.
Steigende Neuerkrankungen und Todesfälle
Eine Besonderheit bei Leberkrebs ist die steigende Häufigkeit der Neuerkrankungen und der Todesfälle in Deutschland. Zwischen den Jahren 1999 und 2013 hat sich die Zahl der Neuerkrankungen bei Frauen um 20% und bei Männern um fast 60% erhöht. Ein Teil dieses Anstiegs kann durch den gleichzeitigen Anstieg der Anzahl älterer Menschen hierzulande erklärt werden, denn das Erkrankungsrisiko für Leberkrebs nimmt mit dem Alter zu. Rechnet man den Effekt dieser Veränderung in der Altersstruktur der Bevölkerung heraus, ist die Häufigkeit von Leberkrebs allerdings immer noch angestiegen. So war die Zahl der Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr 2013 bei Frauen 13% und bei Männern 20% höher als im Jahr 1999 (Abb. 1).
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten, Statistisches Bundesamt
Derzeit sterben jährlich fast so viele Frauen an Leberkrebs wie daran neu erkranken. Bei Männern sind hingegen etwa 23% weniger Sterbefälle als Neuerkrankungen zu verzeichnen. Diese Verhältnisse scheinen über die Zeit weitgehend konstant zu sein. Mit der Todesursachenstatistik kann man sogar noch bis zum Jahr 1980 zurückblicken. Pro 100.000 Einwohnerinnen sind im Jahr 1980 ähnlich viele Frauen an Leberkrebs verstorben wie im Jahr 2013, wenn man die Zahlen vom Effekt der veränderten Altersstruktur rechnerisch bereinigt. Bei Männern sieht das anders aus: Im Jahr 2013 sind von 100.000 Männern etwa 53% mehr an Leberkrebs verstorben als noch im Jahr 1980.
Niedrigere Leberkrebs-Sterberate im Nordwesten
Regional betrachtet ist die Sterberate an Leberkrebs im Nordwesten Deutschlands (mit Ausnahme von Bremen) am niedrigsten, insbesondere bei Männern. Im Nordosten ist die Sterberate an Leberkrebs etwas höher im Vergleich zum Süden und dem Nordwesten (Abb. 2).
Quelle: Statistisches Bundesamt
Regionale Unterschiede gibt es auch bei der zeitlichen Entwicklung der Sterberaten an Leberkrebs. Seit der Wiedervereinigung ist bei Frauen die Sterberate in den meisten neuen Bundesländern sowie in Rheinland-Pfalz zurückgegangen. In den meisten alten Bundesländern ist die Sterberate leicht angestiegen. Bei Männern sind diese Zahlen in fast allen Bundesländern angestiegen, am stärksten in Hamburg, im Saarland und in Thüringen.
International sind die Entwicklungen auch nicht einheitlich: Während in den USA, England, Norwegen und den Niederlanden sich die Sterberaten an Leberkrebs in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt haben, sind die Raten in einigen süd- und osteuropäischen Ländern deutlich gesunken. Innerhalb der EU haben sich die Unterschiede in der Leberkrebssterblichkeit zwischen den Mitgliedsstaaten jedoch deutlich verringert.
Leberkrebsrisiko beeinflusst durch Lebensstil und andere Erkrankungen
Fast alle Tumoren der Leber entwickeln sich aus einer Leberzirrhose – einem fortgeschrittenen, krankhaften Gewebeumbau. (Leber-Metastasen, die sich aus gestreuten Tumorzellen anderer Organe bilden, sind hier nicht einbezogen.) Ursachen einer Zirrhose der Leber sind vor allem eine chronische Infektion mit Hepatitis-B- oder -C-Viren, starker Alkoholkonsum, Übergewicht und Adipositas sowie Diabetes.
International betrachtet sind chronische Infektionen mit Hepatitis-B- oder -C-Viren (HBV bzw. HCV) für große Unterschiede im Auftreten von Leberkrebs verantwortlich. Deutschland gehört allerdings zu den Ländern mit sehr geringen Erkrankungshäufigkeiten, und die Zahl der Neuerkrankungen scheint weiter zu sinken. Zum Rückgang der Fallzahlen haben wahrscheinlich eine strengere Überwachung von Blutprodukten für Transfusionen, ein erhöhtes Bewusstsein für die sexuelle Übertragung und die Impfung gegen HBV beigetragen. Bevor sich ein Lebertumor aus einer HBV- oder HCV-Infektion entwickeln kann, vergehen viele Jahre. Deswegen können weit zurückliegende Infektionen, auch bedingt durch den intravenösen Drogenkonsum, immer noch eine Rolle spielen.
In Bevölkerungen mit niedrigen Infektionsraten von HBV und HCV sind Alkoholkonsum, Übergewicht und Adipositas sowie Diabetes die wesentlichen Risikofaktoren für Leberkrebs. Diese Faktoren erhöhen das Risiko auf eine Fettleber, die beim Fortschreiten zu einer Zirrhose und Leberkrebs führen kann. Laut einer großen Studie sind etwa 16% der jährlichen Leberkrebs-Neuerkrankungen in Europa auf Adipositas zurückzuführen. In Deutschland ist dieser Studie zufolge Alkoholkonsum bei Frauen für 15% und bei Männern für 35% der Krebsneuerkrankungen der Leber verantwortlich.
Fazit und Ausblick
Die beobachtete Zunahme der Leberkrebsneuerkrankungen und -sterbefälle ist wahrscheinlich nicht durch einen einzelnen Faktor zu erklären. Außerdem ist es nicht abzusehen, wie lange diese Trends noch anhalten werden. Zeitliche Veränderungen der Hauptrisikofaktoren wirken sich hier zum Teil entgegengesetzt aus. Die Zahl der Hepatitis-Infektionen geht einerseits zurück, andererseits gibt es Hinweise auf steigende Häufigkeiten von Übergewicht und Diabetes. Bessere Behandlungsmöglichkeiten der Leberzirrhose, die zwar keine Heilung, aber ein längeres Leben mit dieser Erkrankung ermöglichen, spielen auch eine Rolle. Einwanderer aus Ländern mit höherer Verbreitung von Hepatitis-Infektionen bilden eine besonders gefährdete Population im Hinblick auf das Leberkrebsrisiko.
Weitere Informationen
Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016
Informationen des Robert Koch-Instituts zu Hepatitis-B-Viren
Informationen des Robert Koch-Instituts zu Hepatitis-C-Viren
Informationen des Robert Koch-Instituts zu Adipositas und Übergewicht
Stand: 03.07.2017