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Dezember 2017: Fortschritt bei der Krebsbekämpfung in einer Zahl – Geht das?

Im Zentrum für Krebsregisterdaten werten wir viele Daten zu Krebs­erkrankungen aus und stellen die Ergebnisse für ein breites Publikum zur Verfügung. Unsere interaktive Datenbankabfrage beinhaltet Daten zu Neuerkrankungen (Inzidenz), Sterblichkeit (Mortalität), Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) und zum Überleben. Damit lassen sich Fragen beantworten wie

  • Wie viele Menschen erkranken jährlich an Krebs?
  • Wie sehr schränkt eine Krebsdiagnose die Lebenserwartung ein?
  • Wie viele Menschen sterben an Krebs?
  • Wie viele Menschen leben mit einer Krebsdiagnose?

Jede unserer Statistiken bildet verschiedene Aspekte des Krebsgeschehens in Deutschland ab. Die einzelne Betrachtung einer Kennzahl ist allerdings nicht ausreichend, um den Fortschritt bei der Krebsbekämpfung zu beurteilen. Vielmehr ist die gemeinsame Betrachtung der verschiedenen Zahlen wichtig, vor allem, wenn es darum geht, Veränderungen über die Zeit zu interpretieren.

Erkranken weniger Menschen an Krebs?

Ein nachhaltiger Rückgang der jährlichen Krebsneuerkrankungen kann als Erfolg bei der Krebsbekämpfung bewertet werden. Obwohl eine komplette Vermeidung aller Krebserkrankungen als unmöglich erscheint, gab es immerhin bereits deutliche Fortschritte: Gebärmutterhalskrebs ist seit Einführung des Pap-Tests seltener geworden, Infektionen mit Helicobacter-Bakterien – und damit auch Neuerkrankungen an Magenkrebs – sind rückläufig und niedrigere Raucher­quoten bei Männern schlagen sich in den Lungenkrebszahlen nieder.

Was bedeutet es aber, wenn die Neuerkrankungszahlen steigen? Ist das ein Rückschritt? Nicht unbedingt: Eine alternde Gesellschaft führt zu einem Anstieg der Krebserkrankungen, denn das Alter ist ein wichtiger Risikofaktor für fast alle Krebsarten. Aber auch die Einführung oder erhöhte Inanspruchnahme von Krebs­früherkennungs­maßnahmen kann die Zahl der Erkrankungsfälle erhöhen. Nach Einführung zum Beispiel des Mammographie-Screenings zur Früh­erkennung von Brustkrebs ab 2009 wurden in den ersten Jahren mehr Brusttumoren zu einem frühen Zeitpunkt entdeckt als zuvor ohne das Screening. Somit stieg die Zahl der Brustkrebsfälle zunächst an. Seit ein paar Jahren sind die Neuerkrankungszahlen wieder rückläufig, und längerfristig erwartet man vor allem eine Senkung der Brustkrebssterblichkeit, wie in anderen Ländern schon beobachtet wurde. Hier ist der breitere Kontext für die Interpretation des Inzidenz-Anstiegs wichtig.

Sterben weniger Menschen an Krebs?

Der Kontext ist bei der Krebssterblichkeit ebenso wichtig. Absolut gesehen gibt es seit Mitte der 1980er Jahre einen steigenden Trend bei den Krebs­sterbe­fällen der Männer, während bei Frauen die Zahlen in diesem Zeitraum nur sehr geringfügig angestiegen sind. Auch hier spielt Alterung der Gesellschaft eine große Rolle, bei den Männern ist die Zunahme älterer Personen aus verschiedenen Gründen stärker angestiegen. Wenn man diese mittels einer sogenannten Altersstandardisierung rechnerisch ausgleicht, gehen die Sterberaten – also die Sterbefälle bezogen auf die Größe der Bevölkerung – zurück. Aber woran liegt das? Ist das Erkrankungsrisiko gesunken oder haben wir weitere Fortschritte bei der Therapie gemacht? Um dies zu beantworten, muss man wiederum die Zahlen zu den Neuerkrankungen und Überlebensraten hinzuziehen.

Leben Menschen mit Krebs heutzutage länger als früher?

Viele Fortschritte bei der Krebsbekämpfung werden durch Verbesserungen in der medizinischen Versorgung erzielt. Bevor eine neue Behandlungsmethode eingesetzt wird, soll sie in klinischen Studien eine Verbesserung der Überlebens­zeiten zeigen. Damit sollten Patientinnen und Patienten mit der entsprechenden Diagnose mit dieser Therapie künftig bessere Überlebens­chancen haben. Das wirkt sich dann in den Statistiken zum Überleben aus.

Veränderungen im durchschnittlichen Überleben über alle Patientinnen und Patienten mit Krebs sind aber manchmal nicht einfach zu bewerten. Wenn beispielsweise eine neue Untersuchung zur Krebsfrüherkennung eingeführt wird, steigen üblicherweise danach die Überlebensraten an. Das ist aber noch kein Hinweis auf einen Erfolg der Früherkennung, weil es sein kann, dass die Diagnose zwar früher gestellt wird, die Person aber trotzdem zum selben Zeitpunkt wie ohne eine Früherkennung an der Krebserkrankung verstirbt. Das heißt, dass der Zeitpunkt der Krebsdiagnose durch die Früherkennung lediglich vorverlegt wird und sich dadurch die Überlebenszeit mit der Krebsdiagnose erhöht. Der Erfolg einer Krebsfrüherkennungsmaßnahme kann also viel besser an der Sterblichkeit gemessen werden.

Leben in Deutschland immer mehr Menschen mit Krebs?

Wie viele Menschen mit Krebs in Deutschland leben – das heißt die Krebs­häufigkeit (Prävalenz) in der Bevölkerung – hängt sowohl von der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen als auch vom Überleben ab. Daher ist es hier besonders wichtig, alle Kennzahlen gemeinsam zu betrachten. Wenn die Prävalenz steigt, kann dies mit einem verlängerten Überleben zusammenhängen. Es kann aber auch sein, dass die Inzidenz einer Krebserkrankung angestiegen ist, eventuell aufgrund einer älter werdenden Gesellschaft.

Bis Anfang der 2010er Jahre ist in Deutschland die 5-Jahres-Krebsprävalenz – also die Anzahl der Menschen, die bis zu fünf Jahren nach ihrer Krebsdiagnose leben – angestiegen. Die Inanspruchnahme von Krebs­früherkennungs­untersuchungen, die Alterung der Gesellschaft und Fortschritte in der Behandlung haben dabei eine Rolle gespielt. In den letzten Jahren ist diese Zahl leicht zurückgegangen, wesentlich aufgrund von Rückgängen der Neu­erkrankungs­fälle von Prostatakrebs, Brustkrebs, Darmkrebs sowie bei Männern auch Lungenkrebs.

Kennzahlen gemeinsam betrachten

Es gibt also nicht die einzelne Kennzahl, die den Fortschritt bei der Krebs­bekämpfung misst. Die oben beschriebenen Zahlen sind außerdem nicht die einzigen, die dafür wichtig sind. Im „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016“ haben wir noch weitere Kennzahlen ausgewertet: verlorene Lebensjahre, Inanspruchnahme der psychoonkologischen Versorgung und Zeiten der Arbeits­unfähigkeit, um nur ein paar zu nennen. Auch die Lebensqualität von Krebs­überlebenden kann annäherungsweise in Zahlen ausgedrückt werden, die dann eine wichtige Dimension der Versorgungsqualität abbilden. Dieser Aspekt des Krebsgeschehens in Deutschland wird in den kommenden Jahren noch intensiver betrachtet werden.

Weitere Informationen

Der RKI-Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016

Stand: 01.12.2017

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Datenbankabfrage

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