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Inzidenzschätzung

Warum werden die Neuerkrankungsraten (Inzidenz) für Deutschland geschätzt?

Seit 2009 gibt es in allen Bundes­ländern eine flächendeckende epidemiologische Krebsregistrierung und es wurden seitdem große Fortschritte erzielt. Dennoch sind die aktuell vorliegenden Daten aus einigen Regionen Deutschlands noch nicht für die zuverlässige Bestimmung der Erkrankungshäufigkeiten nutzbar.

DCO-Death Certificate Only

Die Abkürzung DCO steht für den englischen Ausdruck "Death Certificate Only".
DCO-Fälle sind demnach Erkrankungs­fälle, die einem Register aus­schließ­lich über die Todes­beschei­nigung bekannt wurden und vorher nicht bekannt waren. Der DCO-Anteil in einem Register gibt den Anteil der DCO-Fälle an allen gemel­deten Fällen an und sollte möglichst niedrig sein.

Zwischen den Registern bestehen für einige Lokalisationen noch relevante Unterschiede im Erfassungsgrad, was unter anderem auch an Unterschieden in den DCO-Anteilen erkennbar ist. Auch gibt es Hinweise, dass es in der Übergangsphase zur flächendeckenden klinisch-epidemiologischen Krebs­registrierung, also insbesondere hinsichtlich der Diagnosejahre 2015 bis 2018, in einzelnen Regionen zu vorübergehenden Einbußen bei der Erfassung von Krebsneuerkrankungen gekommen ist. Derzeit ist daher noch nicht genau absehbar, wann das Ziel einer flächendeckenden und vollzähligen Erfassung von Krebserkrankungen in Deutschland erreicht sein wird, bei der dann aus der ‚Schätzung’ eine ‚Zählung’ würde.

Außerdem ist das Ziel der Schätzung, auch für zurückliegende Jahre (ab 1999) aus den vorliegenden Daten belastbare Aussagen zur Krebsinzidenz in Deutschland abzuleiten. Zwischen 1999 und 2009 fehlte in einigen Regionen eine flächen­deckende Krebsregistrierung.

Wie werden die Neuerkrankungsraten für Deutschland geschätzt?

Auf der Grundlage der Daten der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland schätzt das Zentrum für Krebsregisterdaten die Zahl aller jährlich in Deutschland neu aufgetretenen Krebserkrankungen. Die Schätzmethode wurde im Jahr 2019 auf ein neues Verfahren umgestellt, aufgrund beobachteter Rückgänge der Inzidenz in Verbindung mit dem Ausbau der klinischen Krebsregistrierung.

Die bundesweiten Neuerkrankungszahlen ergeben sich nach der überarbeiteten Methode aus den Ergebnissen eines gemischten Poisson-Regressionsmodells. Das Modell berücksichtigt die jeweilige krebsspezifische Mortalität, die Bevölkerungs­größe und das Diagnosejahr. Außerdem werden Abweichungen in der Inzidenz zwischen den Registern durch zufällige Effekte modelliert. Zur Anwendung der Regression werden die Daten nach Geschlecht, Register, Diagnose und Altersgruppe stratifiziert.

Zur Anpassung der Regressionsmodelle werden die Daten aus denjenigen Registern herangezogen, die folgende Kriterien der Datenqualität erfüllen: Erfassung seit mindestens 10 Jahren, geschätzte Vollzähligkeit ≥90 Prozent für "Krebs gesamt" über mindestens fünf Jahre, jährlicher DCO-Anteil unter 15 Prozent. Dabei werden die ersten fünf Jahre der Erfassung ausgeschlossen, da in diesem Zeitraum noch ein relevanter Anteil von DCO-Fällen aus Diagnosejahren vor Registrierungsbeginn stammen dürfte, was zu einer Überschätzung der Inzidenz führen würde. Daten aus vollzähligen Jahren dieser Register bilden die Daten der Referenzregion. Für Register, die in keinem Diagnosejahr zur Referenzregion gezählt wurden (Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Sachsen-Anhalt), werden zunächst für die Jahre 2011 bis 2013 die Inzidenzen über das Verhältnis von Mortalität zu Inzidenz in der Referenzregion und die Mortalität in dem betreffenden Bundesland geschätzt. Diese Daten werden mit den Daten der Referenzregion für die Anpassung der Regressionsmodelle herangezogen.

Aufgrund der Regressionsbeziehung werden dann die Inzidenzen in Abhängigkeit von Register, Mortalität und Diagnosejahr für die einzelnen Diagnosen und Altersgruppen geschätzt. Die bundesweite Inzidenz ergibt sich aus der Summation der Ergebnisse, die für die einzelnen Register ermittelt wurden. Im Gegensatz zum früheren Verfahren werden DCO-Fälle wie regulär gemeldete Fälle behandelt.

Warum fängt die Inzidenzschätzung 1999 an?

Im Jahr 2011 hat das ZfKD das Verfahren zur Vollzähligkeitsschätzung modifiziert. Verloren ging dabei zunächst die Möglichkeit der Darstellung langfristiger Trends: die neuen Schätzmethoden sowohl für die Vollzähligkeit als auch für die Inzidenz lassen sich in dieser Form erst ab dem Jahr 1999 anwenden. Die Ergebnisse sind mit früheren Schätzungen aus methodischen Gründen nicht direkt vergleichbar. Für den „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016“ wurde für ausgewählte Krebsarten eine modifizierte Schätzmethode für den Zeitraum zwischen 1970 und 1989 und die Jahre 1995-1998 angewendet.

Wie wurden die Neuerkrankungsraten für Deutschland bis 2018 geschätzt?

Bis zur Überarbeitung der Methode im Jahr 2019 bildeten ebenso die Ergebnisse der Vollzähligkeitsschätzung die Voraussetzung zur Schätzung der Inzidenz. Die bundesweiten Erkrankungszahlen ergaben sich zu einem großen Teil aus der Summation der Erkrankungsfälle der ‚vollzähligen’ Register (geschätzter Erfassungsgrad mindestens 90 Prozent). Für die Diagnosejahre, in denen bestimmte Bundesländer eine unvollzählige Erfassung zeigten, wurden Erwartungswerte berechnet. Diese Erwartungswerte ergaben sich aus der Mortalität des jeweils unvollzähligen Bundeslandes und dem Verhältnis von Inzidenz zu Mortalität aus etablierten, vollzähligen Bundesländern.

Auch die DCO-Fälle wurden für die vollzähligen Register mit einbezogen – allerdings erst ab dem sechsten Jahr der flächendeckenden Erfassung im jeweiligen Bundesland. In den ersten Jahren nach Beginn der Erfassung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Erkrankungszeitpunkt eines DCO-Falles in Wirklichkeit vor dem Beginn der Erfassung lag. Für diese Jahre wurden daher auch bei bereits erreichter Vollzähligkeit die DCO-Anteile der Referenzregion (nach Lokalisation, Alter und Geschlecht) übernommen und den erfassten Fällen hinzugerechnet.

Stand: 17.12.2019

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